Euprotomicrus sp.

Ordnung: Squaliformes Goodrich, 1909 Dornhaiartige

Familie:  Dalatiidae Gray, 1851

Gattung: Euprotomicrus Gill, 1865

Typusart: Scymnus (Laemargus) labordii Müller & Henle, 1839 (=Synonym von Euprotomicrus bispinatus (Quoy & Gaimard, 1824))

Euprotomicrus bispinatus (QUOY & GAIMARD, 1824
Euprotomicrus bispinatus (Quoy & Gaimard, 1824), Bild: FAO, Food and Agriculture Organization of the United Nations, Ebert, D.A. 2014. On Board Guide for the Identification of Pelagic Sharks and Rays of the Western Indian Ocean, Zeichnung von Marc Dando, Wildlife Illustrator

Die nachfolgenden Bilder zeigen Zähne (rasterelektronische Aufnahmen) von einem 22 cm langen männlichen Tier von Euprotomicrus bispinatus (© Jacques Herman, Belgien).

ausgewählte Ober- und Unterkieferzähne, in lingualer Ansicht.
ausgewählte Ober- und Unterkieferzähne, in labialer Ansicht.

Euprotomicrus sp.

Bemerkungen:

Bei den hier abgebildeten Zähnen handelt es sich um den ersten fossilen Nachweis dieser Gattung weltweit (Pollerspöck et al. 2022). Die zahnmorphologisch sehr ähnlichen Zähne der Gattung Squaliolus wurden bisher nur vereinzelt nachgewiesen. Lediglich aus dem Eozän von Frankreich (Squaliolus gasconensis Adnet, 2006) und dem Miozän der Slovakei (Squaliolus cf. schaubi, Underwood & Schlögl, 2013) konnten bisher eine nennenswerte Anzahl von Zähnen geborgen werden, die es erlauben die Variationsbreite dieser beiden Arten zu beschreiben. Herman et al. (1989) stellen bei zahnmorphologischen Untersuchungen von Euprotomicrus, Squaliolus und Heteroscymnoides fest, dass sich die Zähne aller drei Gattungen nur sehr geringfügig unterscheiden und haben vorgeschlagen Squaliolus und Heteroscymnoides zur Gattung Euprotomicrus zu stellen. Bei Euprotomicrus bispinatus und Squaliolus laticaudus beschreiben Herman et al. (1989) einen Sexualdimorphismus, der sich insbesondere bei den Zähnen der männlichen Tiere in einer sigmoidalen Krümmung der mesialen Kronenschneide und schlankeren Zahnkronen äußern soll. Die Zähne der Weibchen sollen im Gegensatz dazu eine gerade mesiale Schneide besitzen und deutlich kräftigere Zahnspitzen aufweisen (Herman et al. 1989). Obwohl diese Beobachtung für Squaliolus laticaudus gestützt wird durch die Abbildung der Unterkieferzähne des 152 mm langen männlichen Holotypen in Smith (1912), die mit sehr deutlich ausgeprägten sigmoidalen Kronenränder und schlanken Kronen dargestellt werden, und eines 243 mm großen weiblichen Tieres bei Seigel (1978) mit kräftigen Zähnen und gerader mesialer Schneide, bedarf diese Feststellung weiterer genauerer Untersuchungen an einer repräsentativen Anzahl von Individuen verschiedener Größe. Herman et al. (1989) lagen für ihre Untersuchungen lediglich ein Männchen und vier Weibchen zur Verfügung, in Seigel (1978) wird außerdem ein Unterkieferzahn eines ebenfalls 152 mm langen männlichen Tieres abgebildet, die zwar eine deutlich schlankere Kronenspitze aufweist, jedoch dessen Kronenrand nicht sigmoidal gekrümmt ist. Auch zeigt einer der bei Herman et al. (1989) abgebildete seitliche Unterkieferzahn eines 227 mm großen Weibchens die als typisch „männliche“ beschriebene sigmoidale Krümmung des Schneiderandes auf (Herman et al. 1989 , pl. 21, tooth of the latero-posterior position, signed with „lp“).

Bei Euprotomicrus bispinatus werden von Herman et al. (1989) Zähne eines 200 mm großen Männchens und eines 115 mm großen Weibchens abgebildet, die den Sexualdimorphismus bei den Unterkieferzähnen ebenfalls dokumentieren sollen. Im Gegensatz dazu bildet Hubbs & McHugh (1951) das Gebiss eines 223 mm großen Weibchens ab, bei denen die Kronenränder der Unterkieferzähne ebenfalls eine sehr deutliche sigmoidale Krümmung aufweisen. Möglicherweise handelt es sich bei diesen beiden Arten nicht oder nicht nur um eine Form des Sexualdimorphismuses, sondern um eine ontogenetische Heterodontie. Diese Form der Heterodontie tritt bei Elasmobranchier häufig auf, zum Beispiel bei der Gattung Echinorhinus (Cigala-Fulgosi et al. 2009), Etmopterus (Adnet et al. 2006), Centrophorus (Moyer & Bemis 2016), and Amblyraja (Delpiani et al. 2012), wurde aber auch bereits bei ausgestorbenen fossilen Gattungen nachgewiesen (Voris & Heckert 2017).

Fossile neogene Zähne dieses Zahntyps wurden bisher stets der Gattung Squaliolus zugeordnet. Casier (1958) stellte die ersten gefundenen Zähne aus dem Miozän der Antillen zu Centroscymnus. Ledeoux (1972) revidierte die Beschreibung und stellte fest, dass aufgrund der großen zahnmorphologischen Ähnlichkeiten zwischen den Gattungen Euprotomicrus und Squaliolus beide in Frage kommen würden und argumentierte, dass es aufgrund der heutigen Verbreitung dieser Gattungen es wahrscheinlicher sei, dass die im Miozän von Frankreich gefundenen Zähne zur Gattung Squaliolus zu stellen sind. Von den ebenfalls sehr ähnlichen Zähnen der Gattung Heteroscymnoides existierten zum Zeitpunkt der Untersuchungen von Ledeoux (1972) keine nutzbaren Beschreibungen bzw. Abbildungen. Erst Herman et al. (1989) publizierten detaillierte Beschreibungen und Abbildungen dieser Gattung. Folgt man den Abbildungen der drei Gattungen von Herman et al. (1989) können Zähne der Gattung Euprotomicrus anhand folgender Merkmale von denen der Gattungen Squaliolus und Heteroscymnoides unterschieden werden:

– Unterkieferzähne der Gattung Euprotomicrus unterscheiden sich im wesentlichen von den beiden anderen Gattungen durch einen deutlich größeren Abstand zwischen den beiden Loben des labialen Aprons, der rund ein Drittel der gesamten Wurzelbreite einnimmt;

– der mesiale Teil des Aprons ist kräftig, zapfenförmig ausgebildet und hebt sich deutlich von der Wurzel ab;

– im Unterkiefer ist üblicherweise ein symmetrischer Symphysenzahn, mit senkrechter Krone vorhanden (Hubbs et al. 1967);

– die Krone der anterioren Oberkieferzähne sind senkrecht und fast symmetrisch;

– bei den lateralen Oberkieferzähnen ist zwischen den anterioren und lateralen Zähnen keine Größenabnahme festzustellen und die Zahnkrone ist auch bei lateralen Zähnen nur gering nach distal geneigt;

– der Abstand der beiden Loben des labialen Aprons bei den Oberkieferzähnen ist ebenfalls deutlich größer als bei Squaliolus und Heteroscymnoides. Aufgrund dieser beschriebenen Merkmale bezüglich der Form und Ausgestaltung des Aprons bei Ober- bzw. Unterkieferzähne, sowie der Form der anterioren bzw. lateralen Oberkieferzähne wurde die bisher nur in Allerding gefundenen Zähne zur Gattung Euprotomicrus gestellt.

Beschreibung:

Die Unterkieferzähne sind labio-lingual stark komprimiert, die Krone ist stark nach distal geneigt, distal ist ein deutliches Talon ausgeprägt, lingual ist ein einziges zentrales Foramen ausgebildet, die labiale Überlappungsfläche reicht bis zur Basis der rechteckig ausgebildeten Wurzel, labial befindet sich ein sehr großes zentrales Foramen, dass von dem weit nach unten reichenden und deutlich hervortretenden Apron flankiert wird und zu einer für dalatiiden Arten typischen Zweiteilung des Aprons führt. Auf der Labialseite der Wurzel können zusätzliche kleinere Foramen ausgebildet sein, die sich neben dem zentralen Foramen oder im Bereich der Überlappungsfläche befinden können (Abbildung 3 und 4).

Euprotomicrus sp. aus Allerding, Oberösterreich, Unterkieferzähne

Die zwei Oberkieferzähne, die labial ebenfalls das für Euprotomicrus typische geteilte Apron mit dem extrem groß ausgeprägten zentralem Foramen verfügen (Abbildung 1 und 2), haben bei anterioren Zähnen fast senkrecht aufgerichtete Zahnkrone (Abbildung 1, Herman et al. 1989), im lateralen Bereich des Kiefers ist die Krone hingegen deutlich nach distal geneigt (Abbildung 2) und sowohl das Apron als auch die Wurzelloben sind unterschiedlich lang ausgebildet.

Euprotomicrus sp. aus Allerding, Oberösterreich, Oberkieferzähne

Verbreitung (geografisch/stratigraphisch) in der Molasse:

Österreich:

Ottnangium:

Literaturliste (in Zusammenarbeit mit www.shark-references.com):