Schwanzstachel kommen heute ausschließlich bei Rochen der artenreichen Ordnung Myliobatiformes (Stechrochenartigen) vor. In dieser Ordnung werden derzeit 239 Arten, die sich auf 11 verschiedene Familien verteilen, erfasst (Pollerspöck & Straube, 2021). Schwartz (2009) untersuchte von 2005-2009 4.158 Stechrochen Exemplare. Dabei stellte er fest, dass von den zu dem Zeitpunkt bekannten 197 Arten, bei 162 Arten die typischen gezähnelten Schwanzstachel vorhanden waren, bei 17 der untersuchten Arten konnten keine Stacheln festgestellt werden und 18 Arten standen für die Untersuchung nicht zur Verfügung. Charakteristisch für alle untersuchten Stacheln war die seitliche Zähnelung der Stachel.
Nach heutigem Stand der Kenntnis ist es nicht möglich myliobatiforme Arten anhand von Schwanzstacheln zu beschreiben oder zu bestimmen. Alle eindeutigen erkennbare Reste derartige Stacheln können somit nur der Ordnung selbst (Myliobatiformes) zugewiesen werden. Probst (1877) beschrieb und benannte verschiedene Stachel aus der Molasse von Baltringen. Hovestadt & Hovestadt-Euler (2013, S. 30) vertraten die Auffassung, dass alle anhand von Schwanzstacheln aufgestellte Artnamen zu verwerfen sind. Dieser Meinung kann hier nicht gefolgt werden. Die nomenklaturischen Handlungen entsprachen zum Zeitpunkt der Veröffentlichungen den Vorschriften der Internationalen Regeln für die Zoologische Nomenklatur (ICZN). Wenn sich später herausstellt, dass die Namen anhand von unbestimmbaren namenstragenden Typen definiert worden sind, handelt es sich bei diesen Namen um nomina dubia. Die vom Autor bestimmten Typen behalten solange ihren Status, bis die Kommission kraft Vollmacht einen Neotypus bestimmt (Artikel 75.5 der ICZN). Im nachfolgenden werden zwei der von Probst abgebildete Schwanzstacheln gezeigt.
Dermaldentikel von Rochen wurden in der frühen wissenschaftlichen Literatur nur vereinzelt dokumentiert. Unter anderem bildete Agassiz (1843) unter den Namen Raja antiqua und Raja ornata in seinem Band III auf Tafel 37 Fig. 33-34 zwei solche Schuppen ab. Für die zweite Art schlägt er zwar einen neuen Gattungsnamen vor (Actinobatis), bemerkt aber gleichzeitig, dass dieser Name vorerst, bis mehr Informationen vorliegen, nicht gebraucht werden soll. Münster (1846) erwähnte weitere Einzelfunde, Leidy (1870) dokumentierte pliozäne Schuppen aus den USA, Larrazet (1886) beschrieb einige Dentikel aus Südamerika und führte dafür die neuen Gattungen Acanthobatis und Dynathobatis ein.
Der intensiven Sammlungstätigkeit von Probst war es zu verdanken, dass aus den Molasseablagerungen von Baden-Württemberg eine ganze Reihe von derartigen Dentikel geborgen werden konnte. Nachrichtlich soll hier noch darauf hingewiesen werden, dass es sich bei den von Probst (1882) und Quenstedt (1885, S. 360) als „Störhautplatten“ der Arten Acipenser molassicus und Acipenser tuberculosus beschriebenen Dentikel ebenfalls um Dentikel von Rochen handelt. Diese Fehlbestimmung wurde bereits einige Jahre später von Zittel (1890, S. 104) und Woodward (1889) korrigiert. Reif (1979) beschäftigte sich in jüngster Zeit mit der Morphologie und Histologie dieser Großschuppen und untersuchte unter anderem auch Originalmaterial von Probst bzw. von aktuellen Funden aus vergleichbaren Schichten. Taxonomisch ist die Situation bei den Dentikeln mit den Schwanzstacheln der Rochen vergleichbar. Bis heute fehlende detaillierte Untersuchungen zur Morphologie der Schuppen bei den einzelnen Rochentaxa. Eine Bestimmung derartiger Dentikel auf Art- oder Gattungsniveau ist bis heute nicht möglich. Aufgrund der Form und Größe können lediglich Rückschlüsse auf die in Frage kommenden rezenten Familien/Gattungen gezogen werden, die ähnliche Dornen aufweisen.
Reif (1979) bemerkt hierzu, dass lediglich Vertreter der Familien Rhinobatidae, Dasyatidae und Rajidae Dentikel mit einer Größe von mehr als 4 mm besitzen. Ein weiterer Anhaltspunkt liegt in der Verbreitung und Häufigkeit der vorhandenen Zähne dieser Familien. In der von Probst intensiv besammelten Baltringen Formation des Mittleres Ottnangiums dominieren einige Arten von dasyatiden Rochen. Nach den Feststellungen von Probst ist hierbei die Art Dasyatis rugosa am häufigsten anzutreffen. Wie anhand der Originalabbildung der Zähne gut zu erkennen ist, gehören Zähne diese Art zu den größten dasyatiden Zähnen der Fundstelle. Es ist daher wahrscheinlich, dass einige der gefundenen Dermaldentikel dieser Art zuzurechnen sind. Dies korreliert auch mit den Größen der von Probst für diese Art dokumentierten Zähne. So erreichen die Zähne dieser Art Breiten bis zu 3 mm. Die von Herman et al. (1998) größten abgebildeten Zähne der Gattung Dasyatis erreichen bei einem Scheibendurchmesser des Tieres von 80 cm keine 2 mm Breite. Obwohl die Größe der Dentikel selbst bei einem einzigen Tier sehr variabel ist, erscheinen die Zähne der Art Dasyatis rugosa groß genug, um als Produzent von Dentikel mit einem Durchmesser von 10 mm oder mehr in Frage zu kommen.
Hautdorn Staffelbach-Böl, St.-Gallen-Formation, Länge: 20mm, Breite: 20mm, Höhe: 11mm, Sammlung: B. Lüdi
Hautdorn Staffelbach-Böl, St.-Gallen-Formation, Länge: 24mm, Breite: 18mm, Höhe: 8mm, Sammlung: B. Lüdi
Hautdorn Staffelbach-Böl, St.-Gallen-Formation, Länge: 24mm, Breite: 21mm, Höhe: 12mm, Sammlung: B. Lüdi
Hautdorn Staffelbach-Böl, St.-Gallen-Formation, Länge: 25mm, Breite: 21mm, Höhe: 13mm, Sammlung: B. Lüdi
Hautdorn Staffelbach-Böl, St.-Gallen-Formation, Länge: 30mm, Breite: 17mm, Höhe: 10mm, Sammlung: B. Lüdi
Hautdorn Staffelbach-Böl, St.-Gallen-Formation, Länge: 35mm, Breite: 20mm, Höhe: 10mm, Sammlung: B. Lüdi
Hautdorn Staffelbach-Böl, St.-Gallen-Formation, Länge: 39mm, Breite: 20mm, Höhe: 13mm, Sammlung: B. Lüdi
Hautdorn Staffelbach-Böl, St.-Gallen-Formation, Länge: 39mm, Breite: 33mm, Höhe: 11mm, Sammlung: B. Lüdi
Hautdorn Staffelbach-Böl, St.-Gallen-Formation, Länge: 47mm, Breite: 38mm, Höhe: 16mm, Sammlung: B. Lüdi
Hautdorn Staffelbach-Böl, St.-Gallen-Formation, Länge: 50mm, Breite: 44mm, Höhe: 18mm, Sammlung: B. Lüdi
Hautdorn Staffelbach-Böl, St.-Gallen-Formation, Länge: 52mm, Breite: 34mm, Höhe: 27mm, Sammlung: B. Lüdi