Einführung zur Geologie und Stratigraphie des Molassebeckens
von Prof. Dr. Bettina Reichenbacher, LMU München
Das Molassebecken wird auch als Nordalpines Vorlandbecken bezeichnet. Es entstand etwa an der Wende Eozän/Oligozän nach der Schließung des Penninischen Ozeans. Durch die Kollision der Adriatischen mit der Europäischen Platte kam es zum nach Norden gerichteten Deckentransport. Durch die Auflast der Decken auf den Südrand der Europäischen Kontinentalplatte senkte sich diese ab (Subsidenz). Dadurch entstand die Vortiefe des Molassebeckens bzw. das nordalpine Vorlandbecken.
Das Molassebecken erstreckt sich heute entlang der Alpen über eine Länge von ca. 800 km (Abb. 1). Es reicht von der Haute-Savoie (Frankreich) über den Genfer See, das Schweizer Mittelland nach Süddeutschland und Oberösterreich bis nordwestlich von Wien. Dort schließt sich die Karpatische Vortiefe an.
Das Wort Molasse leitet sich aus dem französischen ab: mollasse = weich. Der Name bezieht sich auf die größtenteils unverfestigten („weichen“) Sedimente im Molassebecken. Wenig verfestigte Sande, Silte, Mergel sind weit verbreitet, Konglomerate, Kiese und Kalksteine können ebenfalls vorkommen.
Die Auffüllung des Molassebeckens erfolgte vom Unter-Oligozän bis ins Ober-Miozän und dauerte rund 25 Mio. Jahre. Die Bildung der Sedimente erfolgte in Abhängigkeit von Subsidenz und Gebirgsbildung, globalen Meeresspiegelschwankungen und Klimaveränderungen. Die Sedimentation begann im Grenzbereich Eozän/Oligozän und dauerte bis in das Ober-Miozän.
Die Zufuhr der Sedimente erfolgte vor allem aus den Alpen, am Alpenrand werden auch die höchsten Mächtigkeiten erreicht (bis 5000 m). Sedimente aus dem nördlich angrenzenden Festland (Schwarzwald/Vogesen, Schwäbische/Fränkische Alb, Böhmische Masse) sind im Wesentlichen auf den nördlichsten Teil des Molassebeckens begrenzt.
Generell unterscheidet man Sedimente aus radialen und axialen Schüttungen. Beispiele für erstere sind die mächtigen Konglomerate und Sandsteine am Alpenrand, Beispiele für letztere die Sande und Silte die entlang des Bodensees zutage treten.
Wurden die Sedimente unter Meerwasserbedeckung abgelagert, spricht man von Meeresmolasse. Die Brackwassermolasse dokumentiert Sedimentablagerung in brackischen Gewässern, die Süßwassermolasse entstand in Flüssen und Seen.
Lithostratigraphisch werden sechs Gruppen unterschieden. Diese sind von alt nach jung:
Untere Meeresmolasse,
Untere Brackwassermolasse,
Untere Süßwassermolasse,
Obere Meeresmolasse,
Obere Brackwassermolasse,
Obere Süßwassermolasse.
Die Gruppen können weiter in Formationen oder informelle Einheiten unterteilt werden (Abb. 2).
Während das Molassebecken aufgefüllt wurde, progradierte seine Beckenachse aufgrund der alpinen Orogenese mehrere Zehnerkilometer weit nach Norden. Das heute im Vorland der Alpen befindliche Molassebecken repräsentiert nur den nördlichen Teil des ehemals viel breiteren Ablagerungsraumes. Seine Beckenachse nimmt man etwa am heutigen Nordrand der Alpen an. Der südliche Teil des Molassebeckens ist noch 30-50 km unter den Alpen nachweisbar (seismische Untersuchungen + Bohrungen) und in den Deckenbau der Alpen miteinbezogen, gefaltet und verschuppt.
Die Molasse wird aufgrund ihrer jeweiligen Tektonik wie folgt unterteilt:
Vorlandmolasse (autochthon)
aufgerichtete Vorlandmolasse (autochthon)
Faltenmolasse und subalpine Molasse (allochthon)
Der Bau des heutigen Molassebeckens entspricht einer asymmetrische Großmulde: Der Nordflügel (Vorlandmolasse) ist lang und fällt flach nach Süden ein. Der Südflügel ist kurz und fällt steil nach Norden ein (Faltenmolasse und aufgerichtete Vorlandmolasse). Aufschlüsse sind vor allem am Nord- und Südrand des Molassebeckens vorhanden. Im zentralen Becken treten die Sedimente fast ausschließlich an steil eingeschnittenen Flußtälern zutage, da sie meistens von pleistozänen Ablagerungen überdeckt sind.
Quellen:
Lemcke, K. (1988): Geologie von Bayern, 1 – Das bayerische Alpenvorland vor der Eiszeit. – 175 S.; Stuttgart (Schweizerbart). )
Doppler, G., Heissig, K. & Reichenbacher, B. (2005): Die Gliederung des Tertiärs im süddeutschen Molassebecken. Newsletters on Stratigraphy 41: 359-375