3. Art: Notidanus repens n. sp.
Taf. III. Fig. 18-22.
Diese Art hat die seltensten Zähne hinterlassen; den Symphysenzahn des Unterkiefers zu finden, ist mir nicht gelungen; von den Unterkieferzähnen habe ich nicht einen einzigen unzerbrochenen Zahn auffinden können, dagegen mehrere Bruchstücke, welche sich so ergänzen, dass man zwar über die Zahl der Zacken keine Sicherheit hat, aber dieselbe doch annähernd erkennen kann. Ich glaube, dass die beiden Bruchstücke in Fig. 18 (von innen) zusammengestellt, wovon das eine die Hauptspitze mit noch zwei Zacken, das andere fünf Zacken zählt, so ziemlich den ganzen Zahn darstellen. Doch weisen andere Bruchstücke, bei denen die hinteren Zacken sich sehr allmählig verlieren, darauf hin, dass manche Zähne noch eine grössere Anzahl, wenn auch sehr kleiner, Zäckchen gehabt haben werden. Es ist sehr leicht einzusehen, dass ein so sehr in die Länge gestreckter, keineswegs starker Zahn in der Brandung einer Uferbildung, wie die oberschwäbische Molasse ist, gar leicht zerbrechen konnte. Die untere Partie der Basis hat sich an beiden abgebildeten Bruchstücken abgelöst; an anderen Bruchstücken ist sie jedoch erhalten.
Was nun an dieser Art am meisten auffällt, ist die Gestalt der vordersten Spitze; sie ist niedrig, schief, fast kriechend gestellt, ihre Vorderseite aber sehr verlängert und unten mit einer ausgedehnten feinen Zähnelung versehen. Diese Eigenschaften sind constant. Meine Sammlung zählt noch mehrere solche Stücke, die alle durch diese zierlich gebildete Vorderseite ausgezeichnet sind. Das mahnt an Notidanus serratissimus Ag. Allein diese Spezies stammt aus dem Loudonthon und, wenn auch die Vorderseite ziemlich mit unserer Art übereinstimmt, so ist dort die Zahl der folgenden Zacken, welche rückwärts stehen, nur vier, was für unsere Art entschieden zu wenig ist; auch sind dort die Zacken zu sehr aufrecht, die erste Zacke merklich grösser als die zweite, was mit unserer Art nicht übereinstimmt. Graf Münster bringt jedoch bei dieser Art (ob mit Recht?) einen Zahn aus dem Wiener Becken, den er aber nicht abbildet, unter, der 10-12 Zacken trägt. Das möchte leichtlich ein Zahn sein, der zu unserer Art gehört; in Ermanglung einer Abbildung und genaueren Beschreibung muss man es jedoch anheimgestellt sein lassen. Eine Vergleichung mit dem jungen Zahn von N. primigenius Fig. 5 lässt die spezifischen Unterschiede leicht erkennen.
Um die zugehörigen Oberkieferzähne auszuwählen, müssen wir uns von den schon ausgesprochenen Grundsätzen leiten lassen. Sehr erwünscht ist aber, dass auch die Analogie des lebenden 165 Not. cinereus uns hier gute Winke gibt. Es lässt sich nicht gerade behaupten, dass die Unterkieferzähne der genannten lebenden Art mit den fossilen eine augenfällige spezifische Ähnlichkeit hätten; denn bei der lebenden Art ist die erste Spitze beträchtlich grösser, als die übrigen und au ihrem Vorderrand nur mit wenigen Zähnen versehen; die zweite Zacke ist kleiner als die darauffolgende dritte, was auf N. repens nicht passt. Dagegen ergab sieb bei Vergleichung der fossilen 0berkieferzähne mit dem Schädel des lebenden Thiers im Stuttgarter Museum eine recht gute Analogie. Die Abbildungen bei Müller und Henle lassen die Ähnlichkeit weniger gut zu Tage treten. Ohne Bedenken sind mit den schon beschriebenen fossilen Unterkieferzähnen die kleinsten und zartesten Oberkieferzähne zu verbinden, welche sich vorfinden und den Gattungscharacter der Notidanen tragen. Der in Fig. 19 dargestellte, nach innen gekrümmte Zahn ist auf der fast horizontal abgeschnittenen Platte der Basis zackig nach innen gebogen; sehr ähnlich sind die vordersten Zähne bei Not. cinereus beschaffen, sowohl was die Form als die geringe Grösse anbelangt.
Bei dem etwas grösseren Zahn Fig. 20 (von innen), der sowohl schief nach hinten als nach innen gekrümmt ist, lässt sich die schief abgestutzte, länglich gestreckte, die Notidanen auszeichnende Basis wahrnehmen. Die Fig. 21 (von innen) und 22 (von aussen) finden sich heim lebenden N. cinereus ganz ähnlich als schiefgestellte, im Rachen weiter zurückstehende Oberkieferzähne. Am Vorderrand haften eine oder auch zwei Nebenspitzen, die für die geringe Grösse des Zahnes nicht unbedeutend sind; unmittelbar hinter der Hauptspitze folgt eine äusserst kleine Zacke, die mit freiem Auge kaum mehr wahrgenommen werden kann. Sie ist aber constant bei allen Exemplaren vorhanden, die ich besitze; erst auf diese folgt dann eine Nebenzacke, die zwar auch klein ist, aber doch mit freiem Auge gut wahrnehmbar. Es scheint nicht, dass noch weitere Nebenzacken vorkommen, wenigstens kann ich bei keinem Exemplare solche wahrnehmen.
Die Basis der Notidanen, welche auch diesen Zähnchen nicht fehlte, hat sich bei keinem Exemplar erhalten; der Beweis aber, dass sie nur weggebrochen ist, wird durch den Bruchrand, der sich der Länge der Zähne nach hinzieht, geliefert. Anders liesse sich der auffallend regelmässige Bruchrand an dieser Stelle nicht erklären. Andere Zähnchen von ähnlicher Form und Grösse z.B. von Galeus affinis sind nie auf solche Weise an der Basis angebrochen.
Diese sämtlichen Zähne sind massiv, was dieselben von dem Geschlecht Carcharias ausschliesst.